Wie erzeugt man eine Surfwelle für Elektronen? Trägersubstanz dafür ist ein Plasma, das heißt ein ionisiertes Gas, in dem positive und negative Ladungen getrennt sind. Mithilfe eines Protonenstrahls, der durch das Plasma schießt, bauschen sich Wellen auf, auf denen Elektronen reiten und auf hohe Energien beschleunigt werden.
Als Protonenquelle nutzt AWAKE den SPS-Ring am CERN, einen Vorbeschleuniger für den 27-Kilometer-Ring des Large Hadron Collider (LHC). Dieser liefert etwa 10-Zentimeter-lange Protonenpakete aus. „Um eine energiereiche Plasmawelle zu generieren, bedarf es allerdings deutlich kürzerer Protonenbündel in der Größe von wenigen Millimetern“, erklärt MPP-Doktorand Fabian Batsch.
Dabei hilft den Wissenschaftler*innen eine „natürliche“ Interaktion zwischen Teilchen und Plasma, die man als Selbstmodulation bezeichnet. „Die längeren Protonenstrahlen werden dabei in energiereiche, Millimeter-kurze Protonenpakete zerteilt und bilden einen Zugstrahl (train)“, so Batsch weiter. „So entsteht eine Plasmawelle, die sich fortsetzt, wenn dieser Zugstrahl das Plasmafeld durchpflügt“.
Exakte Intervalle sorgen für optimale Beschleunigung der Elektronen
Um damit Elektronen zuverlässig zu beschleunigen und zur Kollision zu bringen, braucht man ein jedoch stabiles und reproduzierbares Feld. Genau dafür hat das vom MPP geführte Team eine Lösung gefunden. Wenn man bei der Injektion des langen Protonenstrahls das Plasma zum richtigen Zeitpunkt erzeugt, wird die Selbstmodulation umgehend in Gang gesetzt.
Durch die sofortige Bildung des Plasmas lassen sich die Phasen der kurzen Protonenbündel zeitlich exakt einstellen. „Damit geben wir den Takt für die Protonenpakete vor“, sagt Patric Muggli, Leiter der AWAKE-Arbeitsgruppe am MPP. „Die Pakete kommen immer in den gleichen Intervallen – und die Elektronen werden im optimalen Moment von der Welle erfasst und beschleunigt.“
Erste Forschungsprojekte in Sicht
Noch steht die AWAKE-Technologie am Anfang ihrer Entwicklung. Mit jedem Erfolgsschritt steigen jedoch die Chancen, dass diese Beschleunigertechnologie in den kommenden Jahrzehnten tatsächlich zum Einsatz kommt. Erste Vorschläge für kleinere Forschungsprojekte soll bereits 2024 geben, beispielsweise zur Untersuchung der Feinstruktur von Protonen.
Der Vorteil der neuartigen Beschleunigertechnologie, die man als Plasma-Kielfeld-Beschleunigung bezeichnet, liegen laut Muggli auf der Hand: „Mit dieser Technologie können wir die Strecke, die gebraucht wird um Elektronen auf Höchstenergie zu beschleunigen um das 20-fache reduzieren. Die Beschleuniger der Zukunft könnten also deutlich kleiner ausfallen. Das bedeutet: Weniger Raum, weniger Aufwand und damit geringere Kosten.“