Der Supernova-Überrest Cassiopeia A produziert zu wenig Energie, um als Beschleuniger für die kosmische Strahlung in Frage zu kommen. (Bild: NASA/CXC /SAO)

Der Supernova-Überrest Cassiopeia A produziert zu wenig Energie, um als Beschleuniger für die kosmische Strahlung in Frage zu kommen. (Bild: NASA/CXC /SAO)

Cassiopeia A: Wichtiger Kandidat für kosmische Strahlung schwächelt

Was macht die Teilchen der allgegenwärtigen kosmischen Strahlung so energiereich? Als natürliche Teilchenbeschleuniger kommen Supernova-Überreste infrage. Cassiopeia A ist eines dieser Objekte und damit ein möglicher Energielieferant. Aktuelle Untersuchungen (1) mit den MAGIC-Teleskopen zeichnen jedoch ein anderes Bild: Die bei Cassiopeia A gemessene Energieleistung reicht bei weitem nicht aus, um kosmische Teilchen auf höchste Energien zu beschleunigen.

Im Jahr 1680 explodierte ein schwerer Stern in der Milchstraße, vor 50 Jahren entdeckten Wissenschaftler dann das Überbleibsel des gewaltigen Himmelsereignisses: den Supernova-Rest Cassiopeia A.

Die elektromagnetische Strahlung, die von solchen Objekten ausgeht, reicht von Radiowellen bis hin zu energiereichen Gammastrahlen. Daher lag die Vermutung nahe, dass Supernova-Überreste auch eine wichtige Rolle in der kosmischen Strahlung spielen. Diese im gesamten Kosmos zu beobachtende Strahlung besteht überwiegend aus Protonen, schweren Ionen und Elektronen.

Supernova-Überreste: Motor für die kosmische Strahlung

Ihre hohen Energien könnten die Teilchen von weit entfernten Schwarzen Löchern, aber auch von Sternleichen wie Cassiopeia A erhalten. Der Supernova-Überrest ist viel näher, nur 11.000 Lichtjahre von der Erde entfernt. Er zählt zu den interessantesten und am besten untersuchten Himmelskörper.

Die jetzt veröffentlichten Beobachtungsdaten brachten jedoch eine herbe Enttäuschung. Die beiden MAGIC-Teleskope zeichneten Gammastrahlen mit einer Energie im niedrigen zweistelligen Teraelektronenvolt (2)-Bereich auf – viel zu wenig, um die kosmische Strahlung als „Motor“ anzutreiben.

„Mit der gemessenen Energie lassen sich zwar schwere Protonen beschleunigen, doch reicht sie nicht aus, um die beobachteten hohe Energie der kosmischen Strahlung zu erklären“, erklärt Razmik Mirzoyan vom Max-Planck-Institut für Physik und Sprecher von MAGIC.

Noch offen: Wie kommt es zu den niedrigen Energien?

Dabei war Cassiopeia A in den Augen der Wissenschaftler eine perfekte Quelle, der man sogar Energieleistungen auf Petaelektronenvolt (2)-Niveau zutraute. Cassiopeia A ist relativ jung und leuchtet hell. Die Stoßwellen der historischen Sternexplosion breiteten sich mit immens hoher Geschwindigkeit aus und produzierten starke Magnetfelder – Voraussetzung dafür, Teilchen auf höchste Energien zu bringen.

Für die relativ geringen Energien haben die Wissenschaftler noch keine Erklärung; vielleicht entwickelt dieser Supernova-Überreste einfach nicht genug Energie, um Teilchen in den Hochenergiebereich zu katapultieren.

„Damit müssten wir allerdings unser bisheriges Wissen über Stoßwellen bei Sternexplosionen auf den Prüfstand stellen“, sagt Mirzoyan. „Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass die schnellsten beschleunigten und energiereichsten Teilchen so rasch ‚entkommen’ sind, dass wir heute nur noch die langsameren beobachten können.“

 

(1) Die Forschungsarbeit wurde von einem internationalen Wissenschaftlerteam unter Leitung des Institute for Space Sciences (IEEC-CSIC), des Institut de Fisica d’altes Energies (IFAE) und dem Institute of Cosmos Sciences (Universitat de Barcelona) durchführt.

Die Ergebnisse basieren auf einer  160-stündigen Beobachtungszeit im Zeitraum von Dezember 2014 und Oktober 2016.

(2)
1 Elektronenvolt (eV) ist definiert als die Energie, die ein Teilchen mit der elektrischen Ladung eines Elektrons gewinnt, wenn es im Vakuum über eine Spannung von einem Volt beschleunigt wird.
Teraelektronenvolt (TeV): 1.000 x 1.000 x 1.000 x 1.000 Elektronenvolt
Petaelektronenvolt: 1.000 Teraelektronenvolt

 

Publikation:
"A cut-off in the TeV gamma-ray spectrum of the SNR Cassiopeia A", Monthly Notices of the Royal Astronomical Society (MNRAS, 2017),  MAGIC Collaboration (M. L. Ahnen et al.), DOI: 10.1093/mnras/stx2079


Kontakt:
Dr. Razmik Mirzoyan
Max-Planck-Institut für Physik
Tel.: +49 89 32354-328
razmik.mirzoyan@mpp.mpg.de