So sehr sich Galaxien in Alter, Form und Größe unterscheiden, eines haben sie gemeinsam: Im Zentrum jeder Galaxie – auch in unserer Milchstraße – befindet sich ein supermassereiches Schwarzes Loch, das Material aus seiner Umgebung verschlingt. Man spricht auch von „Aktiven Galaxienkernen (AGN)“. Ähnlich wie bei einem Strudel kreist das Material in einer hell leuchtenden Akkretionsscheibe um das Schwarze Loch, das gleichzeitig Jets aus Licht und Teilchen ins All schleudert.
Extagalaktischer „Nebel“ schluckt Gammastrahlen
Mit einer Entfernung von etwa 8 Milliarden Lichtjahren ist der Radioquasar OP 313 einer der am weitesten entfernten AGN, die wir kennen. Außerdem waren bisher nur neun Quasare in diesem hohen Energiebereich bekannt – OP 313 ist nun der zehnte. Im Allgemeinen sind energiereiche Quasare schwerer zu entdecken als andere Arten von AGN. Das liegt zum einen daran, dass die Helligkeit ihrer Akkretionsscheibe die Emission von Gammastrahlen abschwächt. Zum anderen kommt insbesondere bei großen Entfernungen das extragalaktische Hintergrundlicht (EBL, Extragalactical Background Light) zum Tragen.
Darunter versteht man das gesamte Licht, das von allen kosmischen Objekten außerhalb der Milchstraße ausgeht. Das EBL erstreckt sich über mehrere Wellenlängen vom sichtbaren über das infrarote bis hin zum ultravioletten Licht. Wie eine Art Nebel schluckt das EBL die Gammastrahlen, was ihre Beobachtung schwierig macht. Dieser Effekt ist um so größer, je energiereicher das Gammalicht ist.
OP 313 bleibt unter Beobachtung
Das LST-1 ist auf einen Energiebereich zwischen 20 und 150 Gigaelektronenvolt (GeV) spezialisiert. Das Teleskop nahm OP 313 zwischen dem 10. und 14. Dezember 2023 ins Visier, nachdem der Fermi-LAT-Satellit eine ungewöhnlich hohe Aktivität an niederenergetischer Gammastrahlung verzeichnet hatte. Mehrere Instrumente im optischen Bereich bestätigten die Messung. Nach von nur vier Beobachtungstagen vermeldeten die am LST-1 beteiligten Wissenschaftler*innen die Sichtung des Quasars mit einer Energie von höher als 100 Gigaelektronenvolt (GeV).
„Das ist ein großer Erfolg für das LST-1, ein Prototyp, der derzeit auf der Kanareninsel La Palma in Betrieb genommen wird“, sagt Masahiro Teshima, Direktor am Max-Planck-Institut für Physik, dessen Abteilung eine maßgebliche Rolle bei der Entwicklung dieses Teleskop-Typs gespielt hat. Die Forschenden werden die Beobachtung dieser Quelle mit LST-1 und den beiden MAGIC-Teleskopen, zwei weiteren Cherenkov-Teleskopen auf La Palma – fortsetzen. „Mit der Auswertung weiterer Daten verfolgen wir mehrere Ziele“, so Masahiro Teshima weiter. „Wir wollen das EBL besser verstehen, zudem die Magnetfelder von Radioquasaren untersuchen – und, ganz grundlegend, die physikalischen Phänomene im intergalaktischen Raum erforschen.“