Das Max-Planck-Institut für Physik trauert um einen international hoch angesehenen Physiker und Kollegen, der sich über sein Fachgebiet hinaus der Sorge um den Weltfrieden widmete und sich mit leidenschaftlichem Engagement für einen ökologisch nachhaltigen Lebensstil einsetzte.
Nach dem Studium der Physik in Stuttgart ging Hans-Peter Dürr nach USA und begann seine wissenschaftliche Laufbahn als Stipendiat (Fulbright, Walter Loewy), wo er 1956 bei Edward Teller an der University of California, Berkeley, promoviert wurde. 1958 kam er als wissenschaftlicher Assistent von Werner Heisenberg an das Max-Planck-Institut für Physik und Astrophysik in München, wo er 1963 zum Wissenschaftlichen Mitglied berufen wurde. Nach der Emeritierung von Werner Heisenberg beeinflusste Hans-Peter Dürr die Entwicklung zunächst des Max-Planck-Instituts für Physik und Astrophysik als kommissarischer Direktor von 1970-1971 und später von 1977-1980 als Vorsitzender des Direktoriums und Geschäftsführender Direktor des Instituts für Physik am Max-Planck-Institut für Physik und Astrophysik. Im Jahre 1987 wurde Hans-Peter-Dürr mit der Leitung des Gesamtinstituts betraut, die über die Verselbständigung des Instituts für Physik hinaus im Jahre 1992 endete. Danach arbeitete Hans-Peter Dürr als Mitglied des Direktoriums bis zu seiner Emeritierung 1997. Sein Forschungsbereich lag auf den Gebieten der Kernphysik und Elementarteilchenphysik, insbesondere an Heisenbergs einheitlicher Quantenfeldtheorie der Materie, und er lehrte zudem an der Ludwig-Maximilians-Universität in München theoretische Physik als außerplanmäßiger Professor.
Neben seiner wissenschaftlichen Karriere als Physiker setzte sich Hans-Peter Dürr über sein wissenschaftliches Fachgebiet hinaus mit gesellschaftspolitischen Fragen über die Verantwortung des Wissenschaftlers, die Abrüstung und Friedenssicherung, über Ökologie und Ökonomie sowie mit energiepolitischen Themen auseinander. Sein Engagement und seine fachliche Kompetenz sowie seine große persönliche Integrität fanden Anerkennung in zahlreichen nationalen und internationalen Auszeichnungen und Ehrungen und führten 1987 zum Right Livelihood Award („Alternativer Nobelpreis“) in „Anerkennung seiner fundierten Kritik der strategischen Verteidigungsinitiative und seiner Arbeit, hochentwickelte Technologien für friedliche Zwecke nutzbar zu machen“. Hans-Peter Dürr gründete 1987 das Global Challenges Network in München und war Mitglied von zahlreichen Gremien und internationalen Organisationen. So war er u.a. Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, Vorstandsmitglied der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler, Vorstand von Greenpeace Deutschland (1985-92), war Mitbegründer und Präsident der Europäischen Stiftung für Natur- und Kulturvermögen in Prag und trat 1991 dem Club of Rome bei. Zudem gehörte er dem Council der Pugwash Conferences on Science and World Affairs an, die 1995 den Friedens-Nobelpreis erhielt. 1996 verlieh die Stadt München Hans-Peter Dürr die Medaille 'München leuchtet' in Gold und ehrte ihn 2008 mit der Verleihung der Ehrenbürgerschaft.
Hans-Peter Dürr verfasste eine Vielzahl von wissenschaftlichen Veröffentlichungen und war Autor und Mitherausgeber zahlreicher Bücher von allgemeinem Interesse.
Er blieb gesellschaftspolitisch aktiv bis ins hohe Alter. Seine Arbeit, die vielen Ehrungen und Würdigungen, die ihm zuteil wurden, werden Hans-Peter Dürr über die Grenzen des Max-Planck-Instituts für Physik und der Max-Planck-Gesellschaft hinaus der Öffentlichkeit in bleibender und dankbarer Erinnerung halten.
München, im Juni 2014