Die Fertigstellung des ersten von insgesamt vier Large-Sized-Teleskopen (LST) auf La Palma schreitet mit großen Schritten voran. Inzwischen haben die an der Konstruktion beteiligten Wissenschaftler und Techniker 181 Einzelspiegel am Teleskopgerüst angebracht. Der Durchmesser des Teleskops beträgt 23 Meter, die gesamte Spiegelfläche umfasst etwa 390 Quadratmeter.
Auge für energiereiche Objekte im Kosmos
Aufgabe des Teleskopspiegels ist es, Strahlung aus der Atmosphäre aufzufangen und zu bündeln. Das Licht wird von einer Kamera aufgezeichnet und elektronisch ausgewertet. Bei dem Licht handelt es sich so genannte Tscherenkow-Strahlung, die erzeugt wird, wenn hoch energetische Gammastrahlen aus dem All auf die Atmosphäre treffen. Mit dieser Methode lassen sich energiereiche Objekte im Universum untersuchen.
Beispiele für solche Himmelskörper sind zum Beispiel Schwarze Löcher im Zentrum von Galaxien, Supernova-Überreste oder Pulsare, eine besondere Art von Neutronensternen. Sie senden Gammastrahlen aus, manchmal nur über einen Zeitraum von wenigen Stunden. So genannte Gammablitze, deren kosmische Quellen bis heute unbekannt sind, flackern häufig nur wenige Minuten oder sogar Sekunden auf.
Kurze Reaktionszeiten, optimale Lichtausbeute
Um den Verlauf von Gamma-Emissionen beobachten und einordnen zu können, brauchen Wissenschaftler Messinstrumente, die schnell und flexibel reagieren – und dabei so viel auswertbares Licht wie möglich einfangen.
Die Konstruktion des LST ist optimal für diese Anforderungen gerüstet: Die sechseckigen, etwa 1,5 Meter großen und 6,6 Zentimeter hohen Einzelspiegel wiegen lediglich 45 Kilogramm. Wegen der leichten Bauweise der Spiegel beträgt das Gesamtgewicht der beweglichen Teleskopschüssel lediglich 28 Tonnen. Daher lässt sich das Teleskop trotz seiner Größe in weniger als 20 Sekunden in jede beliebige Position drehen und kippen.
Die Spiegel reflektieren 94 Prozent des einfallenden Lichts – herkömmliche Spiegel kommen auf etwa 90 Prozent. Um die Lichtausbeute weiter zu erhöhen, lassen sich die Spiegel exakt auf den Einfallswinkel der Lichtquelle ausrichten. Dafür sorgt ein komplexes Steuerungssystem, mit dem sich jeder Spiegel einzeln bewegen lässt.
Das Teleskop und die Spiegel sind extremen Wetterbedingungen ausgesetzt. Ein spezielles, aus fünf Schichten bestehendes Oberflächenmaterial macht die Spiegel besonders langlebig.
Das CTA-Observatorium
Der Prototyp des LST ist das erste von vier Teleskopen dieser Bauart, die in den nächsten Jahren im Observatorium „Roque de los Muchachos“ auf der Kanareninsel La Palma gebaut werden. Dort sind auch 12 mittelgroße, ebenfalls auf Tscherenkow-Strahlung spezialisierte Teleskope (Medium-Sized Telescopes, MST) geplant.
Der zweite Standort des CTA-Observatoriums ist die Paranal-Anlage in Chile. Damit decken die CTA-Teleskope die nördliche und die südliche Hemisphäre des Himmels ab. An den beiden Standorten entstehen über 100 Teleskope; in Chile sind neben LST und MST auch sehr kleine Teleskope, die Small-Sized-Teleskope (SST), vorgesehen.
Die drei Teleskopmodelle decken unterschiedliche Energiebereiche ab, sodass Astrophysiker die Herkunftsorte von kosmischen Gammastrahlen detailliert untersuchen können.
Kontakt:
Dr. Masahiro Teshima
Direktor für experimentelle Astroteilchenphysik am Max-Planck-Institut für Physik
Sprecher des LST-Projekts
+49 89 32354-301