Links im Bild: Die MAGIC Teleskope auf der Insel La Palma. Rechts: Die Daten vom Ausbruch des Aktiven Galaktischen Kerns (AGN) Markarian 421, gemessen mit MAGIC (Gammastrahlung) und IXPE (Röntgenstrahlung) im Dezember 2023. (Foto: Urs Leutenegger, Daten: Axel Arbet-Engels)

Links im Bild: Die MAGIC Teleskope auf der Insel La Palma. Rechts: Die Daten vom Ausbruch des Aktiven Galaktischen Kerns (AGN) Markarian 421, gemessen mit MAGIC (Gammastrahlung) und IXPE (Röntgenstrahlung) im Dezember 2023. (Foto: Urs Leutenegger, Daten: Axel Arbet-Engels)

Kosmische Jets im Fokus: Wie Teleskope das Bild schärfen

Aktive Galaktische Kerne (AGN) gehören zu den leuchtkräftigsten und stärksten Quellen im Universum. Sie sitzen im Zentrum von Galaxien und senden eine enorme Strahlung aus. Oft übersteigt diese die gesamte Lichtleistung aller Sterne in einer Galaxie. Die Menge der Strahlung schwankt jedoch stark im Laufe der Zeit, der Grund dafür ist immer noch nicht bekannt. Es wird vermutet, dass Magnetfelder, die extrem energiereiche Teilchen beschleunigen, die Ursache für die schwankende Emission sind. Wissenschaftlern des Max-Planck-Institutes für Physik (MPP) ist es nun gelungen, kosmische Jets - gewaltige Materieausbrüche aus AGN - im Detail zu untersuchen und aufzuzeigen, wie Magnetfeldstrukturen die energiereichste Strahlung beeinflussen. Das Fachjournal Astronomy & Astrophysics hat kürzlich drei Beiträge zu diesen Ergebnissen veröffentlicht.

Wie man inzwischen weiß, stammt die Strahlung der AGN von massereichen Schwarzen Löchern, deren Masse millionen- oder sogar milliardenfach größer ist als die unserer Sonne. Bei jedem zehnten AGN schleudert das Schwarze Loch Materiestrahlen, gewaltige kosmische Jets, in seine Umgebung, die sich mit annähernd Lichtgeschwindigkeit bewegen und über riesige Entfernungen bis zu mehreren Millionen Lichtjahren erstrecken. Dies entspricht dem Abstand zwischen der Milchstraße und der Andromeda-Galaxie, unserer benachbarten Spiralgalaxie. Diese Jets senden Gammastrahlen aus – die energiereichste Strahlung, die wir kennen. Trotz jahrzehntelanger Beobachtungen sind die Mechanismen, die sie antreiben und Gammastrahlen erzeugen, immer noch unklar. Klar ist jedoch, dass die Gammastrahlen von Teilchen stammen, die auf höchste Energien beschleunigt wurden.

Verschiedene Wellenlängen fördern das Verständnis

Das MAGIC-Observatorium mit seinen beiden Teleskopen auf La Palma soll hochenergetische Gammastrahlung aus kosmischen Quellen aufspüren, insbesondere von aktiven galaktischen Kernen. AGN senden jedoch nicht nur Gammastrahlen aus, sondern strahlen über das gesamte elektromagnetische Spektrum. "Deswegen ist es wichtig, die Beobachtungen von MAGIC mit denen anderer Instrumente zu kombinieren", erklärt Axel Arbet-Engels von der Gamma-Astronomie-Gruppe am MPP. "Je mehr verschiedene Wellenlängen wir beobachten - wie optisches, infrarotes oder Radio-Licht - desto mehr verstehen wir die Ereignisse, die in diesen mächtigen Objekten stattfinden."

Seit über 15 Jahren koordiniert das Forschungsteam am MPP die Beobachtung zweier heller AGN in einer Entfernung von etwa 400 Millionen Lichtjahren mit mehreren Instrumenten. Die AGN Markarian 421 und Markarian 501 sind Blazare, eine besondere Art von galaktischen Kernen, die starke Jets fast direkt auf die Erde richten und den Forschenden einen einzigartigen Blick ermöglichen. Seit 2022 werden auch Daten des Imaging X-ray Polarimetry Explorer (IXPE), eines weltraumgestützten Observatoriums, in die Untersuchungen einbezogen, die nun neue Hinweise auf das Innenleben der kosmischen Kraftpakete liefern*.

Die Rolle von Magnetfeldern

IXPE ist das erste Instrument, das in der Lage ist, die Röntgenpolarisation zu messen, die Informationen über die Struktur, die Anordnung und die Richtung der in den kosmischen Quellen vorhandenen Magnetfelder liefert. Die Wissenschaftler haben mit IXPE einen Anstieg der Röntgenemission gemessen. Dieser war vorübergehend mit einer verstärkten Gammastrahlung korreliert, die von den MAGIC Teleskopen erfasst wurde. All das deutet darauf hin, dass sowohl Röntgen- als auch Gammastrahlung am gleichen Ort und von der gleichen hochenergetischen Teilchenpopulation erzeugt werden. Die Wissenschaftler haben somit durch die Kombination von IXPE mit MAGIC erstmals untersucht, wie Magnetfelder die Beschleunigung von Teilchen und die Entstehung von Röntgen- und Gammastrahlung im Jet beeinflussen.

Innerhalb von nur zwei Jahren veröffentlichte das MPP-Forscherteam die ersten beiden Multi-Instrumenten-Studien mit gleichzeitig gemessenen IXPE- und MAGIC-Daten. "Wir haben festgestellt, dass die Röntgenpolarisation um ein Vielfaches höher ist als im optischen und Radio-Band", sagt Axel Arbet-Engels. “Dies deutet auf einen energiereichen Jet hin, in dem sehr energiereiche Gammastrahlung zusammen mit Röntgenstrahlung in der Nähe einer Schockfront emittiert wird, einer Grenze, an der das sich schnell bewegende Plasma mit langsamerem Material kollidiert.” Das verursacht einen plötzlichen Anstieg der Temperatur, des Drucks und der Teilchenbeschleunigung. “Wir vermuten folgendes Szenario: Am Entstehungsort des Jets befindet sich eine kompakte Zone, in der die Röntgen- und die energiereichste Gammastrahlung dominieren. Daneben gibt es eine ausgedehntere Region weiter stromabwärts im Jet, die für die Emission im optischen und Radiobereich verantwortlich ist.”

Magnetische Turbulenzen

Im Dezember 2023 hatten die Forscher erstmals die Gelegenheit, einen großen Ausbruch des AGN Markarian 421 mit MAGIC, dem Röntgenpolarimeter IXPE sowie anderen Instrumenten gleichzeitig zu untersuchen. Den Ausbruch, der gleichzeitig im Gamma- und Röntgenbereich stattfand, begleiteten starke zeitliche Schwankungen der Röntgenpolarisation, die bisher noch nicht beobachtet worden waren. Die daraus erzielten Ergebnisse unterstreichen die entscheidende Rolle magnetischer Turbulenzen für das variable Verhalten von Blazaren. Sie deuten darauf hin, dass die Röntgen- und hochenergetische Gammastrahlung von einer Schockwelle herrührt, die durch die Kompression im Jet entsteht und die Teilchen beschleunigen und so hochenergetische Strahlung erzeugen kann. 

Die Publikationen in Astronomy & Astrophysics eröffnen eine neue Perspektive auf das Studium von Blazaren. “Wir glauben, dass unsere Arbeit zu einem wichtigen Bezugspunkt für die Astrophysik-Gemeinde werden wird”, sagt David Paneque, der die Arbeitsgruppe am MPP leitet. “Dies ist jedoch erst der Anfang - weitere Beobachtungen mit IXPE, MAGIC und anderen Instrumenten sind notwendig, um aktuelle Trends zu bestätigen und das Verhalten dieser kosmischen Kraftpakete weiter zu erforschen.”

(*) MAGIC (Gammastrahlung), Fermi-LAT (Gammastrahlung), IXPE (Röntgenstrahlung), NuSTAR (Röntgenstrahlung), XMM-Newton (Röntgenstrahlung), Swift (Gammastrahlung und Röntgenstrahlung) sowie mehrere optische und Radioteleskope