Die Aufnahme des Schwarzen Lochs der Galaxie M87 ist nur das bekannteste Ergebnis der groß angelegten Kampagne, die vom Event Horizon Telescope (EHT) angeführt wurde. Neben den acht EHT-Radioteleskopen waren weitere elf Instrumente beteiligt, so dass sich das gesamte elektromagnetische Spektrum dieses Objekts untersuchen lässt – von Radiowellen über sichtbares Licht, den UV- und Röntgenbereich bis hin zu Gammastrahlen.
“Um das Beste aus dieser faszinierenden Aufnahme herauszuholen, müssen wir alles über das damalige Verhalten des Schwarzen Lochs in Erfahrung bringen“, sagt Kazuhiro Hada vom National Astronomical Observatory of Japan, einer der Ko-Autoren der Arbeit. „Daher ist es wichtig, das gesamte elektromagnetische Spektrum dieses Objekts zu beobachten.“ Jedes der beteiligten Teleskope liefert unterschiedliche Informationen über das Verhalten und die Aktivität des Schwarzen Lochs, das 6,5 Milliarden Mal so schwer ist wie die Sonne.
Jeder Jet ist anders
Auch zwei Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Physik (MPP) wirkten an der Studie mit. Sie leiteten die Beobachtungen der MAGIC-Teleskope, die zusammen mit zwei weiteren (H.E.S.S. und Veritas) Gammastrahlen im höchsten Energiebereich aufzeichneten. „Eines der Ziele der gemeinsamen Beobachtung war, die gebündelte, hochenergetische Strahlung zu untersuchen, die aktive Schwarze Löcher als Jets mit Lichtgeschwindigkeit in den Raum schleudern“, sagt Alexander Hahn, Doktorand am MPP.
Die Teleskope konnten einen Jet nachweisen, der etwa 5.000 Lichtjahre in den Kosmos hineinreicht. Die Zusammensetzung von Jets ist für jedes Schwarze Loch spezifisch. „Der individuelle ‚Fingerabdruck‘ eines Jets verrät daher wichtige Details über die Eigenschaften des Schwarzen Lochs, zum Beispiel seinen Spin und seinen Energieausstoß“, so Hahn weiter. „Die Herausforderung liegt darin, dass sich dieses Muster mit der Zeit verändert.“
Ruhiger Riese liefert neue Erkenntnisse
Die Auswertung aller Beobachtungsdaten zeigt, dass das Schwarze Loch während der Beobachtungszeit relativ ruhig war, also kaum Materie aufsaugte. Diese Bedingungen waren ideal, um den “Schatten” des Schwarzen Lochs zu beobachten. Außerdem ließ sich gezielt Licht untersuchen, das ganz nah am Ereignishorizont entstand – und es mit der Strahlung vergleichen, die Zehntausende von Lichtjahren vom Schwarzen Loch entfernt zu beobachten ist.
Die jetzt vorgestellte wissenschaftliche Arbeit enthält darüber hinaus zwei Modelle, die wichtige Vergleichswerte auch für die Erforschung von Blazaren geben. „Blazare sind aktive Schwarze Löcher, deren Teilchenjets Richtung Erde zeigen“, erklärt Daniel Mazin vom MPP, der die Messungen der MAGIC- und der anderen Gammastrahlenteleskope koordinierte. „MAGIC lieferte dafür Datenpunkte im höchsten Energiespektrum.“
Neue Impulse für die Astrophysik
Von der Kombination der Beobachtungsdaten erhoffen sich die Wissenschaftler*innen Impulse für weitere Forschungsfelder in der Astrophysik. „Zum Beispiel können wir mit den Daten die Tests von Einsteins Relativitätstheorie verbessern“, sagt Mazin. „Diese Tests haben einige Schwachstellen. Wir wissen noch zu wenig über das Material, das um das Schwarze Loch kreist und als Jets ins Universum geblasen wird.“
Der Vergleich der Beobachtungsergebnisse mit theoretischen Berechnungen und Simulationsdaten lässt den Schluss zu, dass in der Umgebung des Schwarzes Lochs verschiedene Gase mit verschiedenen Eigenschaften existieren. Ein andere ungelöste Forschungsfrage dreht sich um die Herkunft für die hochenergetischen Teilchen der kosmischen Strahlung, die permanent auf die Erde einprasselt. Es wird vermutet, dass diese Teilchen aus den Jets Schwarzer Löcher stammen.
Großes Rätsel Teilchenbeschleunigung
„Allerdings ist noch unklar, wo die Teilchen auf derart hohe Energien beschleunigt werden“, erläutert Mazin. „Mit den MAGIC-Teleskopen können wir Gammastrahlen im höchsten Energiebereich untersuchen. Die Ergebnisse der Beobachtung aus dem Jahr 2017 weisen darauf hin, dass diese Gammastrahlen nicht in der Nähe des Ereignishorizonts entstehen.“
Ko-Autorin Sera Markoff von der Universität Amsterdam ergänzt: „Wenn wir die Teilchenbeschleunigung verstehen, können wir die EHT-Aufnahme und die Jets in all ihren ‚Farben‘ besser einordnen.“ Die Auswertung von Daten, die 2018 und später erhoben wurden, soll hier für mehr Klarheit sorgen.