Phänomenologie
Welche Vorhersagen lassen sich mit theoretischen Modellen treffen?
Unser gesichertes Wissen über die Elementarteilchen und ihre Wechselwirkungen spiegelt sich im Standardmodell der Elementarteilchenphysik wider. Mathematisch beruht das Standardmodell auf einer erstaunlich kompakten Formel. Es wurde in einer Vielzahl experimenteller Tests mit hoher Präzision bestätigt und gilt als eine der am besten überprüften Theorien der modernen Physik.
Das letzte fehlende Teilchen, das aus Gründen der mathematischen Konsistenz des Standardmodells postulierte Higgs-Boson, wurde im Juli 2012 am LHC nachgewiesen. Dieser Erfolg wäre ohne präzise theoretische Vorhersagen nicht möglich gewesen. Daran zeigt sich auch, wie wichtig das Wechselspiel zwischen theoretischer und experimenteller Physik ist.
Dennoch enthält das Standardmodell aus konzeptioneller Sicht einige Schwachpunkte. Um diese zu überwinden, haben Physikerinnen und Physiker viele neue Modelle konstruiert. In diesen erweiterten Modellen sind typischerweise sehr viele unbekannte Parameter enthalten. Jedoch sind auch für sie präzise Vorhersagen wichtig: um sie experimentell sowohl untereinander als auch vom Standardmodell zu unterscheiden – oder ganz ausschließen zu können.
Forschen wie ein Detektiv
Die Arbeit von Phänomenologen besteht darin, die konkreten Vorhersagen eines Modells zu berechnen, um diese dann mit experimentellen Messwerten zu vergleichen. Hauptsächlich arbeiten die Physiker mit Daten aus Beschleunigerexperimenten, wie sie etwa mit dem Teilchenbeschleuniger Large Hadron Collider am CERN durchgeführt werden.
Ihre Arbeitsweise gleicht dabei einem Detektivspiel: Wie kann man ein unbekanntes Teilchen am besten messen? Wie kann man experimentell verschiedene Modelle voneinander unterscheiden? Oder: Welche Messgrößen haben die größte Sensitivität für einen unbekannten Modell-Parameter?
Die Liste der Fragen lässt sich in viele Richtungen erweitern – und jede neue Antwort wirft neue, tiefergehende Fragen auf.